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Heilen verboten, töten erlaubt.

Die organisierte Kriminalität im Gesundheitswesen.

Kurt G. Blüchel

 

Wer kennt nicht eine Geschichte aus dem Familien- und Freundeskreis über die Bandbreite an Diagnosen, Arzneimitteln, Eingriffen und Nebenwirkungen als Folge von Krankheiten und Arztbesuchen? Oft fühlt man sich schnell überfordert von den einzelnen Spezialisten, die uns mit unterschiedlichsten Diagnosen und Blickwinkeln beraten und behandeln.

 

Der Wissenschaftsautor Kurt Blüchel liefert mit seinem Buch einen Blick hinter die Kulissen des Systems: Interne Ärzte- und Pharmadokumente, vertrauliche Unterlagen der Bundesärztekammer sowie Stimmen und Praxisberichte der Fachleute. Die Essenz: Es macht immer Sinn, nicht blindlings auf die erstbeste Diagnose zu vertrauen.

 

Natürlich gibt es zahlreiche aufrichtige und engagierte Ärzte und Mitarbeiter unter den 4,2 Millionen Beschäftigten im Gesundheitssystem, die unter immer schwierigeren Rahmenbedingungen in Kliniken und Krankenhäusern übermenschliche Leistungen bis an den Rand der Erschöpfung erbringen. Aber diese sind bei der allgemeinen Systemkritik nicht im Fokus.

 

Es geht vielmehr um die steigende Anzahl der durch falsche Behandlungen ausgelösten Krankheiten und Tode: So hat das wissenschaftliche Institut der Allgemeinen Ortskrankenkassen festgestellt, dass mit steigender Arztdichte die Lebenserwartung der Bevölkerung in Ballungsgebieten in gleichem Maße sinkt.

 

Die Frage wird aufgeworfen, weshalb alle Ärzte Zwangsmitglieder ihrer Standesvereinigung sind, während es in anderen Ländern höchstens freiwillige Selbstzusammenschlüsse gibt. Oder auch, aus welchem Grund alle Reformen des Gesundheitswesens und Einsparungen an den Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung spurlos vorübergegangen sind.

 

Blücher erklärt und erläutert das anhand des weitreichenden über 60 Jahre alten Netzwerkes, welches ohne eine direkte Mitbestimmung der Ärzte aufgebaut wurde:

 

Bundes- und Landesärztekammern (für die rund 380000 Mediziner in 50 Unterabteilungen), Spezialkammern, das Deutsche Ärzteblatt, die Kassenärztliche Vereinigung und die über fünfhundert meist konservativen Ärztefunktionäre mit zahllosen Kontakten in die Politik.

Zahlreiche erschreckende Auswirkungen werden geschildert: Vier der acht Millionen Operationen im Jahr würden vor allem durchgeführt, weil die Kliniken das Geld bräuchten und nicht weil es medizinisch notwendig wäre. Erhebungen des Pharmakologen Prof. Dr. Wehling ergaben, dass jährlich über zwei Millionen Menschen über 60 Jahren nur aufgrund unsachgemäßer Medikamentenbehandlung des niedergelassenen Arztes in ein Krankenhaus müssten.

 

Und die Ärzte selbst wissen es anscheinend auch besser: Ärzte und deren Angehörige lehnen zu 90% eine Chemotherapie bei Krebs ab und die Quote der operativen Eingriffe liegt rund 50% unter derer von der restlichen Bevölkerung, schildert Blüchel.

 

Das Gesundheitswesen der Bundesrepublik kann in den Augen vom Autor nur durch einen Aufstand der Patienten von Grund auf erneuert werden. Hierfür bietet er in seinem Buch explosiven Diskussionsstoff, zahllose aufrüttelnde Praxisberichte und Handlungsanstöße.

Es ist ein Thema, was uns alle interessieren sollte und hier bekommt der kritische Mensch ein mit Daten, Namen, Fakten, Thesen und Erklärungsansätzen überquellendes Buch.

 

Kleine Elemente deuten auf den Zustand des Ganzen und wer dafür reif ist, holt sich die ganze Geschichte im Laden.

 

Blüchel, Kurt G.; Heilen verboten - töten erlaubt; Die organisierte Kriminalität im Gesundheitswesen; 3. Auflage 2004; München: Goldmann Verlag; 415 S.; ISBN: 978-3-442-15327-5; 9,95€

 

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